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Startrack - Worum geht es?

tl;dr

Startrack war eine Hardware für Atari-Rechner, welche ich in den 90er Jahren entwickelt habe. Es geht um eine professionelle Audiokarte für den VME-Bus dieser Rechner. Dazu gab es eine Software mit der man Audio aufnehmen, editieren, in Tracks anordnen, und dann über die Audiokarte in sehr hoher Qualität ausgeben konnte. Die Audiokarte funktionierte am Atari TT, aber erst leistungsfähigere Hardware wie ein Hades 060, oder ein Milan hatte die Power, welche man benötigte, um auch mit vielen Spuren gleichzeitig flüssig arbeiten zu können. Dieser Beitrag dokumentiert die Entwicklung dieser Hard- und Software, Prototypen, die Varianten in Hard- und Software, sowie die Erweiterung mit zusätzlichen Interfaces.

 

Bei Startrack handelt es sich um eine professionelle Audiokarte für den VME-Bus des Atari TT, sowie schnellen, kompatiblen Rechnern wie Hades 060 und Milan.


Damals im Jahr 1994 hätte ich gerne eine Audiokarte für meinen frisch erworbenen Medusa 040 Computer gehabt. Die Medusa 040 war ein schneller Atari ST-Clone mit Motorola MC68040 CPU.
Leider stellte ich schnell fest, dass es solche Hardware nicht in der Qualität gab, die ich mir vorstellte. Es gab lediglich Soundblaster-artige Soundkarten, welche nicht viel konnten, und auch nicht besonders gut klangen.
Also machte ich mich daran, eine solche Audiokarte für mich persönlich zu konstruieren und zu bauen. Der Aufbau erfolgte auf einer Lochrasterplatine. Die erste Frage die sich für mich stellte war, welche Audiokonverter ICs ich denn verwenden könnte, die auch einen hervorragenden Klang bieten können. Ich schraubte daher meinen CD-Player und meinen DAT-Recorder auf, und schaute mir an, was in diesen Geräten verwendet wurde. In beiden HIFI-Komponenten wurden Chips von Crystal verwendet. Ich besorgte mir also den Bauteilkatalog für Audiokonverter von Crystal, und wählte dann die passenden ADC und DAC ICs für mein Projekt aus.
Zu dieser Zeit hatte ich schon einige Erfahrung mit den entsprechenden Tools gesammelt, welche man für ein solches Projekt benötigt. Für Messungen hatte ich ein 3 Kanal Oszilloskop von Hameg, eine (natürlich) selbstgebaute Lötstation von ELV, sowie ein Multimeter. Ich kannte PALs und GALs von Lattice und hatte die passende, noch relativ günstige Hard- und Software um diese mit eigener Logik zu programmieren.
Es stellte sich schnell heraus, dass mein Atari Mega STE Probleme hatte, die Daten schnell genug an die Audiokonverter zu schieben. Es gingen immer wieder Datenpakete verloren. Das passierte vor allem, wenn der Rechner noch andere Aufgaben zu erledigen hatte. Daher setzte ich grosse, schnelle FIFO-Buffer ein, welche die Daten für eine kurze Zeit zwischenspeichern konnten. Damit war das Problem dann vom Tisch.

Es stand die Atari Messe 1994 in Bonn an. Ich nahm den Prototyp mit zur Messe, um u.a. herauszufinden, ob es bereits Software gibt, welche man eventuell für die Audiokarte anpassen könnte, und ob daran überhaupt ein Interesse bei den Playern der Atari Szene zu spüren ist. Ich hatte dort am Messestand von MW Computer ein grosses Interesse bemerkt, und das Gespräch war sehr gut. Im Verlauf des Gesprächs wurde schnell klar, dass die Audiokarte wesentlich interessanter wäre, wenn sie einen DSP sowie eine Kompatibilität zum Atari Falcon hätte. Hier bahnte sich eine Zusammenarbeit mit MW Computer an, welche später auch den Vertrieb der Audiokarte übernahmen. In der Folgezeit machte ich mich daran, die Audiokarte entsprechend mit einem DSP aufzubohren. Dafür war die Atari Falcon Dokumentation, welche man mir seitens MW Computer zur Verfügung stellte, sehr hilfreich.

Es lag hier aber noch viel Arbeit vor mir: Der DSP56002 von Motorola sollte es sein, dieser war aber schwer zu beschaffen. Den Prototypen baute ich daher mit einem vorhandenen DSP56001. Diesen hatte ich mir ein oder zwei Jahre zuvor auf der Messe 'Hobby und Elektronik' in Stuttgart gekauft. Das war damals ein exzellenter Anlaufpunkt für exotische Bauteile. Diesen gab es auch in einer Pin-Grid Version, also konnte er auf einer Lochrasterplatine aufgebaut werden. Als SMD-Bauelement wäre das ungleich schwieriger gewesen. Ich musste mich auch in die spezielle Assemblersprache einarbeiten. Der DSP kann mehrere Befehle gleichzeitig ausführen, aber nicht in jeder Kombination. Diese Befehle musste man aufeinander abstimmen, um eine optimale Ausführungsgeschwindigkeit zu erhalten. Von Motorola gab es ein kleines und günstiges Entwicklungssystem, wo die Hardware bereits fertig aufgebaut ist, und man die Hardware an einen PC anschliessen konnte. Das war sehr hilfreich, um einige kleine Effektprogramme vorab testen zu können.
Alles in allem war das schon eine Menge Arbeit. Als dann die Hardware zu gut wie fertig entwickelt war, kam es zum Entschluss aus dem Projekt ein 'Produkt' werden zu lassen.

Es musste eine Platine entwickelt werden bzw. eigentlich waren es ja sogar 2 Platinen. Der DSP-Teil wurde auf die Audiokarte aufgesteckt. Sie war auch ohne DSP voll funktionsfähig. Allerdings dann ohne Kompatibilität zum Atari Falcon, welcher einen DSP56001 voraussetzte. Viele Programme für den Atari Falcon verwendeten den DSP, so dass die Audiokarte ohne DSP auf diese Programme verzichten musste.
Daher wurde die Audiokarte letztendlich immer mit DSP verkauft. Durch das modulare Konzept hätte man später auch andere, leistungsfähigere DSPs einsetzen können.

Durch den DSP wurde die Audiokarte wesentlich teurer. Aber hey, man wollte ein HighEnd-Produkt. Das bekam man dann auch. Dafür liefen darauf auch einige Falcon-Programme, was ohne DSP nicht möglich gewesen wäre.
Die 4-Layer Platinen wurden komplett mit der Atari ST Software Platon entwickelt, und via Gerber-Export und Steuerung der Bestückungsautomaten auch produziert.
Das Programm war wirklich erstklassig, Abstürze oder schwerwiegende Fehler gab es nicht. Lediglich die Erzeugung der Layer für die Spannungsversorgung war problematisch. Bei der Gerber-Ausgabe fehlten die Isolationsringe für die Durchkontaktierungen der Layer, diese wurden nicht ausgegeben. Das fiel leider nicht rechtzeitig auf. Dadurch war die erste Testproduktion von 4 Platinen direkt für die Tonne.
Der zweite Versuch war dann aber in Ordnung. Die erste Platine habe ich manuell von Hand gelötet. Schliesslich wollte ich sicherstellen, dass es hier nicht noch versteckte Fehler gab.
Es gab auch ein paar kleinere Verdrahtungsfehler, die aber, mit etwas Kupferlackdraht an ein paar wenigen Stellen, leicht zu korrigieren waren. Insgesamt konnte man aber sehr zufrieden sein.
Es gab hier keine schwerwiegenden Fehler, sogar die DSP-Karte funktionierte einwandfrei. In Anbetracht der Komplexität der Schaltung war das meiner Meinung nach ein hervorragendes Resultat.
Die mehrfache Prüfung des Platinenlayouts zahlte sich hier deutlich aus.

Platinenlayout mit Platon

 

Frontseite der Platinen

 

Rückseite der Platinen

 

Nun konnte die Audiokarte im Hades 060 Computer erstmals getestet werden.

 

Der Hades 060 Tower mit der Audiokarte (oben), darunter die optionalen XLR Anschlüsse (Prototyp)

 

Anschluss der Audiokarte mit Flachbandkabel zum VME-Bus des Hades 060 (hier ohne DSP Erweiterung)

 

Alle Daten zum Projekt einschliesslich Platinenlayouts und Software findest du auf meinem Github-Repository.

 

 

 

 

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Stephan Wilhelm antwortete auf das Thema:
7 Monate 1 Woche her
Das ist ein Test